Magnetband-Technologie: IBM Forscher erzielen Weltrekord bei Speicherdichte

Tsukuba (Japan), Rüschlikon (CH), Starnberg, 03. Aug. 2017 - Technologiedemonstration mit höchster Bit-Dichte macht Bandlaufwerke attraktiver für Cloud Storage...

Zum Hintergrund: Magnetbandspeicher erleben aktuell eine Renaissance und seit ihrer kommerziellen Markteinführung vor über 60 Jahren (1), sind sie nach wie vor eine der sichersten, energieeffizientesten und kostengünstigsten Technologien zur Speicherung und Archivierung sehr großer Datenmengen. Üblicherweise werden sie in der lokalen Datensicherung in Rechenzentren, für Disaster-Recovery-Lösungen oder zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben für die Datenaufbewahrung eingesetzt. Die Industrie nutzt sie jedoch auch vermehrt für neue Anwendungen in den Bereichen Big Data oder Cloud Computing. Wissenschaftler von IBM Research in Zürich haben nun erstmals Daten mit einer Speicherdichte von 201 Gigabits pro Quadratzoll (rund 6,45 cm²) auf einem vom japanischen Unternehmen Sony Storage Media Solutions entwickelten "Sputtered magnetic Tape“ - Prototypen geschrieben.

Um diese Speicherdichte zu erzielen, nutzen die Wissenschaftler ein von Sony Storage Media Solutions entwickeltes Speicherband, bei dem die Magnetschicht mittels Kathodenzerstäubung (engl. sputter deposition) aufgetragen wurde. Durch dieses Verfahren sind eine extrem feine Verteilung der Magnetpartikel auf dem Band und damit eine höhere Speicherdichte möglich. Dies entspricht einer Erhöhung der Speicherdichte um das mehr als 20-fache im Vergleich zu neuesten, kommerziell erhältlichen Magnetband-Speichersystemen, wie beispielsweise dem IBM TS1155 Bandlaufwerk.

Die Technologiedemonstration wurde auf der 28. Magnetic Recording-Konferenz (TMRC 2017) in Tsukuba, Japan präsentiert. Damit stellten IBM Forscher laut eigenen Angaben bereits zum fünften Mal seit 2006 einen neuen Weltrekord bei der Speicherdichte von Magnetbandspeichern auf (s.a Abb. 1 unten).

Mit der nun gezeigten Technologie könnte eine Kassette bis zu 330 Terabytes (TB) an unkomprimierten Daten speichern (2). Diese Datenmenge entspricht der Textmenge von rund 330 Millionen Büchern. Mit dem nun demonstrierten Rekord zeigen die IBM Wissenschaftler, dass die Skalierung in der Magnetbandspeichertechnologie noch für mindestens ein Jahrzehnt fortgeführt werden kann. Kommentar von Evangelos Eleftheriou, IBM Fellow und Leiter des Cloud & Computing Infrastructure Departments im IBM Forschungszentrum in Rüschlikon bei Zürich: „Im Vergleich zu heutigen kommerziellen Barium-Ferrit-Speicherbändern werden die Kosten für mit dem Sputter-Verfahren hergestellten Magnetbände voraussichtlich etwas höher liegen. Aber dank des sehr hohen Speicherpotenzials werden die Kosten pro TB dennoch konkurrenzfähig mit anderen Speichertechnologien sein. Damit bietet sich die Technologie auch für den Einsatz im sogenannten Cold Storage, also der Speicherung von wenig genutzten Daten in der Cloud an“.

Zudem entwickelten die IBM Wissenschaftler nach vorliegenden Angaben verschiedene wichtige Technologien für Bandspeichersysteme weiter:

  • Algorithmen zur Signalverarbeitung im Datenkanal ermöglichen eine zuverlässige und sehr schnelle Datendetektion trotz Einsatz eines extrem schmalen, 48-nm-breiten tunnel-magnetoresistiven (TMR) Lesekopfes bei einer linearen Dichte von 818,000 Bits pro Zoll.

  • Eine verbesserte Servo-Steuertechnik erlaubt eine hochpräzise Positionierung des Lese- und Schreibkopfes mit einer Genauigkeit von weniger als 7 nm und ermöglicht damit eine Spurdichte von 246.200 parallelen Spuren pro Zoll, also dem 13-fachen des aktuellen TS1155- Bandlaufwerks. Außerdem erlaubt eine neuartige Technologie für reibungsarme Lese- und Schreibköpfe die Verwendung von extrem glatten Magnetbandoberflächen.

  • Viele der bislang entwickelten Technologien werden bereits in IBM Magnetbandspeicherprodukten eingesetzt – so wie beispielsweise eine auf so genannte "Noise predictive maximum likelihood detection" basierende Datendetektion sowie die erste Generation des Barium-Ferrit-Magnetbands. Beide Ansätze wurden erstmals 2007 demonstriert.


Abb. 1: IBM Tapeentwicklung (Bildquelle IBM)


(1) Das erste kommerzielle Tape-Produkt, die 726 Magnetic Tape Unit, kam vor über 60 Jahren auf den Markt. Die verwendeten Spulen mit einem Magnetband von einem halben Zoll Breite hatten eine Speicherkapazität von zwei Megabyte. Verglichen mit IBMs erstem Bandspeicherprodukt erzielt die heute angekündigte Demonstration eine mögliche Erhöhung der Speicherkapazität um das 165.000.000-fache.

(2) Unter Annahme des gleichen Format-Overheads wie beim TS1155-Format und einer Verlängerung der Bandlänge um 6.4% aufgrund des dünneren Demobandes. Eine TS1155 JD Kassette kann 15 TB unkomprimierte Daten in einem Formfaktor von 4.29 in. x 4.92 in. x 0.96 in. (109.0 mm x 125 mm x 24.5 mm) speichern.

Quelle / Dokument: 201 Gb/in² Recording Areal Density on Sputtered Magnetic Tape, Simeon Furrer, Mark A. Lantz, Peter Reininger, Angeliki Pantazi, Hugo E. Rothuizen, Roy D. Cideciyan, Giovanni Cherubini, Walter Haeberle, Evangelos Eleftheriou, Junichi Tachibana, Noboru Sekiguchi, Takashi Aizawa, Tetsuo Endo, Tomoe Ozaki, Teruo Sai, Ryoichi Hiratsuka, Satoshi Mitamura, and Atsushi Yamaguchi, DOI 10.1109/TMAG.2017.2727822, IEEE Transactions on Magnetics.


IBM Link > Weiterführende Informationen zur Geschichte und Entwicklung von Magnetbandspeichern

IBM Link > Details zu der neuen Magnetbandtechnologie

Link > IBM Tape Blog


Video (YouTube) zur aktuellen Entwicklung