Wie Algorithmen unseren digitalen Alltag dominieren

München, Starnberg, 8. Aug. 2016 - Welchen Beitrag bereits heute systematische logische Regeln für unsere Gesellschaft liefern und in Zukunft bereitstellen werden…

Zum Hintergrund: Bei Facebook sehen wir Inhalte, die ein Algorithmus auf unser Verhalten abgestimmt hat und jede Google-Suche zeigt uns Ergebnisse, die von einer Vielzahl an Algorithmen berechnet werden. Doch auch bei Finanztransaktionen oder beim Autofahren sind Algorithmen heute unabdingbar. Diese Beispiele führen uns vor Augen, wie weit die Berechnungen von Computern und Maschinen bereits in unseren Alltag integriert sind. An welchen Stellen unseres alltäglichen Lebens wir heute mit Algorithmen in Berührung kommen und welche Hintergründe dieser Siegeszug hat, erklärt im Folgenden Dr. Joachim Schlosser, Technical Manager Academia EMEA bei MathWorks (1):

„Algorithmen sind Berechnungsverfahren, die in einzelnen, klar definierten Schritten Lösungen für komplexe Probleme bieten. Ein großer Bereich, in dem Algorithmen heute zum Einsatz kommen, ist der rund um Data Analytics und Predictive Analytics. Große Mengen an Daten werden gesammelt, aufbereitet, analysiert und so nutzbar gemacht. Big Data ist sozusagen die Basis, auf der Algorithmen arbeiten.

Zwar sind Online-Angebote wie Suchmaschinen, Social Media oder Online-Shops die Bereiche, die den Endverbraucher am meisten auf das Wirken von Algorithmen in unserem Alltag aufmerksam machen; doch eigentlich ist dies nur die Spitze des Eisberges. Algorithmen steuern Verkehrsregelungssysteme, überwachen Geldüberweisungen oder regeln die Automatik in Fahrzeugen. Algorithmen machen bereits einen grundlegenden Bestandteil unseres täglichen Lebens aus.

  • Ein Beispiel, wie groß der Einfluss von Algorithmen sein kann, liefert die moderne Gebäudetechnik. Vernetzte Sensoren in allen Räumen, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit über den Tag hinweg messen und die Ergebnisse mit dem Heizverhalten abgleichen, können eine optimale automatische Wärmeversorgung bereitstellen. Noch effizienter wird das Energiemanagement, wenn zusätzliche Komponenten wie thermodynamische Eigenschaften des Gebäudes, Wettervorhersagen, der Energiebedarf und Strompreise in den Berechnungen berücksichtigt werden sollen. Building IQ, ein Dienstleister für die Optimierung von Klimaanlagensteuerung, erstellt mithilfe der Software MATLAB & Simulink Algorithmen, um die Temperatur in Gebäuden bei unterschiedlichen Wetterbedingungen zu simulieren. Auf diese Weise senken sie den Energiebedarf und die Energiekosten um 10 bis 25 Prozent und verbessern zugleich das Wohlbefinden der Menschen im Gebäude.

  • Ein weiteres Beispiel auf kleinerem Raum ist das Wheezometer von iSonea – eine App mit einem extra Mikrofon, die die Atmung von Asthma-Patienten überwacht und schon im frühen Stadium eines Asthma-Anfalls vorwarnen kann. Um verlässliche Ergebnisse zu liefern, werteten die Entwickler mithilfe von MATLAB 40.000 Audiodateien mit der Atmung unterschiedlicher Personen aus und erstellten anhand dieser Informationen einen Algorithmus, der asthmabedingte pfeifende oder brummende Atemgeräusche – das Giemen – schon vor einem akuten Anfall erkennt. So können bedrohliche Situationen schnell abgewendet und bisweilen Leben gerettet werden.

Diese konkreten Beispiele zeigen, wie Algorithmen den Alltag der Menschen positiv verändern können. Autos nutzen Algorithmen für eine Vielzahl von Funktionen wie etwa Einparkassistenten oder Navigationssysteme. 70 Prozent aller Finanztransaktionen werden von Algorithmen gesteuert (2). Sämtliche industriell gefertigte Produkte und Lebensmittel entstehen mithilfe von Maschinen, die Algorithmen nutzen. Vor dem Bau neuer Brücken wird mithilfe von Algorithmen simuliert, wie sich die Materialien bei Temperaturschwankungen, Wettereinflüssen und Belastung durch Fahrzeuge verhalten – ein deutliches Plus in puncto Sicherheit.

Der breite Einsatz von Algorithmen ist möglich, weil in den letzten Jahrzehnten die Rechenleistung der Computer exponentiell gestiegen ist. Erst die weite Verbreitung von Hardware, die in der Lage ist, mit komplexen Algorithmen auf großen Datensätzen zu arbeiten, hat ihren Siegeszug eingeläutet. In den letzten Jahren kam ein weiterer wichtiger Faktor hinzu: Die einzelnen Geräte wurden stärker miteinander verbunden. Dies geschieht in kleinem Rahmen, etwa in Autos, in denen bis zu 100 Steuergeräte (Electronic Control Units, ECU) eingebaut sind, die miteinander interagieren. Dies geschieht aber auch in größerem Rahmen, indem einzelne Autos mit Verkehrsanlagen, Straßenbeleuchtung und Überwachungsanlagen verbunden werden. Um den Verkehr dieser vernetzten Autos sinnvoll und effizient durch die vernetzten Straßen zu leiten, sind wiederum neue Algorithmen nötig. So treiben sich diese Entwicklungen gegenseitig voran und sind gleichzeitig voneinander abhängig.

Fazit: Wir Menschen gewöhnen uns schnell an Fortschritt. Was früher außergewöhnlich und aufregend war – ein eigener Computer oder ein Handy – ist heute Alltag. Ein Alltag ohne Algorithmen wäre für die meisten von uns ein herber Einschnitt. Die Entwicklungen der letzten Jahre sprechen dafür, dass in Zukunft Algorithmen nicht mehr aus dem täglichen Leben wegzudenken sein werden. Mit zunehmender Rechenleistung und Datenverarbeitungskapazität werden wir immer schneller und einfacher in der Lage sein, große Mengen an Daten zu nutzen und komplexe Probleme zu lösen. Wir bei MathWorks sehen es als Herausforderung, das Leben und den Alltag der Menschen durch den gezielten Einsatz von Algorithmen zu verbessern, indem wir die Entwicklung in Wissenschaft und Technik beschleunigen.“


Quellenangabe:

(1) http://www.mathworks.de/

(2): http://www.spektrum.de/news/boersenhandel-in-lichtgeschwindigkeit/1331927

Abb. 1: Bildquelle MathWorks, Parallelcomputing on the Cloud