Neuer Trend „Daten-Philanthropie“ - Ein Beitrag zu den Hintergründen

München, Starnberg, 23. Aug. 2017 - Möglichkeiten und Gründe für das verstärkte Engagement von Unternehmen. Ein Gastbeitrag von Western Digital...

Zum Hintergrund: Data Philanthropy bedeutet, dass Unternehmen der Privatwirtschaft ihre Daten für gemeinnützige Zwecke und Forschungsvorhaben zur Verfügung stellen. Bereits seit 2010 spendet z.B. der Internet-Dienst Twitter sein Archiv von Kurznachrichten an die US Library of Congress. Data Philanthropy ist damit mehr als ein bloßes Schlagwort, mit dem Unternehmen für ihr soziales Engagement werben. Vielmehr können durch diese Form Datenaustauschs konkrete Ergebnisse erzielt werden. So hat beispielsweise die Auswertung von Mobilfunkdaten im Senegal wichtige Erkenntnisse über Reiserouten und Abwanderungsbewegungen ergeben. Dadurch lässt sich beispielsweise das Risiko für die Ausbreitung von Malaria geografisch und zeitlich um ein Vielfaches genauer einschätzen als noch vor einigen Jahren. Auch die Vereinten Nationen haben diesen Trend erkannt und unterstützen durch Initiativen wie dem United Nations Global Pulse die Nutzung von Big Data etwa zur Förderung des Klimaschutzes. Daraus entstand die Data For Climate Action Challenge, welche auch die Western Digital Corporation als Partner der Vereinten Nationen unterstützt.


Einige Hintergründe für dieses Engagement und die vielfältigen Möglichkeiten, die sich durch Data Philanthropy ergeben, hat Dave Tang, Senior Vice President und General Manager bei Western Digital an dieser Stelle in seinem Hintergrundbeitrag "Data Philanthropy: Bridging Technology and Social Good Solutions" beispielhaft erläutert:

"Technologien und Lösungen für das Gemeinwohl zusammenführen

In Anbetracht der Fülle an Daten, die heutzutage unser Leben, unsere Arbeit und unser Spielen steuern, mag es überraschen, dass immer noch weite Bevölkerungsteile, vor allem die Unterversorgten, Unterrepräsentierten und Bedürftigen, nur lückenhaften Zugang zur Datenwelt haben und datentechnisch unsichtbar sind.

Vor dem Hintergrund der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen kürzlich beschlossenen wurden und das Wohl der Menschen, unseres Planeten und unseres Klimas sichern sollen, ist es wichtiger denn je, dass öffentliche Einrichtungen einen vollständigen Einblick in die Bevölkerungen erhalten, in deren Dienst sie stehen, um auf Basis dieser Informationen intelligentere Lösungen finden können. Die Daten-Philanthropie entstand im Kontext der weltweit bestehenden Lücken im Zugang zu Daten, Technologie und Analyseanwendungen. Im Rahmen dieser Bewegung stellen Privatunternehmen Daten und Ressourcen bereit, um an der Lösung von globalen Herausforderungen mitzuwirken.

Eine datenreiche Welt

Wir produzieren 2,5 Trillionen Bytes an Daten pro Tag, deren Menge exponentiell wächst (1). Diese unglaubliche Menge an Informationen könnte der Schlüssel zur Lösung von sozialen Problemen sein, der Forschung steht sie jedoch nur begrenzt zur Verfügung. Lediglich 0,5 Prozent der weltweit verfügbaren Daten werden tatsächlich analysiert (2). Die Möglichkeiten, die sich in diesem unendlichen digitalen Universum eröffnen, sind noch nicht einmal ansatzweise erforscht worden.

Was hält uns zurück?

Der größte Teil der Daten wird von Privatunternehmen gesammelt und gehalten, um Geschäftsentscheidungen intelligenter und schneller treffen zu können. Was ihnen dabei jedoch nicht klar ist: Die Daten, die sie für einen bestimmten Zweck sammeln, können möglicherweise auch für unzählige andere Vorhaben genutzt werden.

So verschaffte die „Data 4 Development Challenge“ des französischen Telekommunikationsanbieters Orange S.A. Wissenschaftlern Zugang zu den anonymisierten Datensätzen des Mobilfunknetzwerks im Senegal. Die Ergebnisse waren sehr aufschlussreich: Wissenschaftler konnten herausfinden, an welchen Orten und zu welchen Jahreszeiten sich Mobiltelefon-Nutzer aus geschäftlichen, privaten oder wetterbedingten Gründen aufhielten. Diese Informationen wurden dann mit Daten aus dem Gesundheitswesen abgeglichen, woraus eine Korrelation zwischen der Verbreitung von Malaria und Bevölkerungsbewegungen erkennbar wurde. Die Forscher waren auf Basis dieser Ergebnisse in der Lage, Modelle zu entwickeln die zeigten, wann und wo neue Ausbrüche zu erwarten waren. Dadurch wurde eine bessere Vorbereitung und sogar Präventionsmaßnahmen durch örtliche Behörden ermöglicht. Stellen Sie sich vor, welche Möglichkeiten sich auftäten, wenn auch nur ein Prozent der heute 10 Milliarden Terabytes an weltweit privat gespeicherten Daten (2) Wissenschaftlern durch solche Initiativen zugänglich gemacht würden.

Daten-Philanthropie im Aufwind

Wertet man das exponentielle Datenwachstum als Signal, dann brauchen wir vielleicht nicht mehr allzu lange warten, bis die Daten-Philanthropie zu einem wichtigen Bestandteil der unternehmerischen Verantwortung wird.

Mein Unternehmen, Western Digital, ist kürzlich eine Partnerschaft mit der Initiative „UN Global Pulse“ der Vereinten Nationen eingegangen, um die „Data for Climate Action Innovation Challenge“ ins Leben zu rufen. Neun Unternehmen erklärten sich bereit, Wissenschaftlern anonymisierte, geschützte Datensätze zur Verfügung zu stellen, um an Lösungen für den Klimawandel zu arbeiten. Die verschiedenen Datensammlungen stammen aus den Bereichen Transport, Umwelt, Energie, Telekommunikation, Konsumentenverhalten und soziale Netzwerke. Wir hoffen, dass die Ergebnisse der „Data for Climate Action Challenge“ (3) den Wert dieser Partnerschaften verdeutlichen und die Bewegung der Daten-Philanthropie beflügeln.

Was können Technologieunternehmen beisteuern?

Insbesondere Technologieunternehmen verfügen über das Potenzial, diese Bewegung voranzutreiben, indem sie die Entwicklung neuer Methoden unterstützen, mit denen wichtige fehlende Daten gesammelt werden können. Geschätzt sind weltweit 350 Millionen Menschen nicht von Erhebungen erfasst, was eine Zunahme der globalen Armut um 25 Prozent bedeutet (4).  Da öffentliche Einrichtungen nicht über die notwendige Technologie verfügen, um Informationen über diese von großer Armut betroffenen Bevölkerungsteile zu sammeln, fehlen ihnen auch die Mittel, entsprechende Versorgungsmaßnahmen und -lösungen ins Leben zu rufen. Partnerschaften zwischen der Technologie-Branche und internationalen Institutionen würden Technologielücken schließen und für vollständigere Datenerhebungen sowie effizientere Lösungen sorgen.

Ein Teil der Bewegung werden

Die Vorteile für jedes Unternehmen, das an Daten-Philanthropie und gesellschaftlicher Verantwortung interessiert ist, sind beträchtlich. Nicht nur das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit wird aufgewertet, auch hochqualifizierte Fachkräfte, die immer öfter nach Jobs suchen, in denen sie das Gefühl haben, etwas bewegen zu können, werden dadurch angezogen. Hinzu kommt, dass bis zum Jahr 2020 der Marktanteil von Schwellenländern am wachsenden digitalen Universum von 36 Prozent auf 62 Prozent ansteigen wird (2). Eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen, stärkt gleichzeitig die Wirtschaft dieser Märkte und ermöglicht einen breiteren Handel in der digitalen Welt. Insbesondere für Technologieunternehmen bedeutet dies mehr Umsatz.

Im Folgenden sind einige Anregungen für den Start in die Daten-Philanthropie aufgelistet. Matt Stempecks Artikel in der Harvard Business Review gibt einen umfassenderen Einblick in das Thema (5).

  • Überlegen Sie, was einfach oder aufwändig anderweitig genutzt werden könnte: Datenbestände, Services oder Technologien?
  • Wer könnte von der Weitergabe profitieren und wer möglicherweise Schaden nehmen?
  • Treten Sie in einen Dialog mit Organisationen wie UN Global Pulse oder Data 4 SDGs, um Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu finden.
  • Berücksichtigen Sie, wie Daten oder Services weitergegeben werden müssen. Eine langfristige Zusammenarbeit ist für öffentliche Einrichtungen von größerem Nutzen.
  • Sorgen Sie für Datenschutz, indem Sie die Daten anonymisieren.
  • Stellen Sie sicher, dass Forschungsergebnisse den Bedingungen von Open Access unterliegen und ohne Einschränkungen veröffentlicht werden können.

Ganz gleich, ob Sie Daten, Analyseanwendungen, Tools oder sogar Technologie spenden wollen, Ihr Beitrag zur Daten-Philanthropie ist für die Zukunft unseres Planeten, der Umwelt und Kultur von größter Bedeutung. Wir verfügen über die nötigen Daten und Informationen. Was es benötigt ist unsere Zusammenarbeit, um in dieser Welt etwas grundlegend zu verändern.“


Textquellen:


Ergänzender Hinweis: Mehr Informationen zum Thema finden Sie auch unter diesem Weblink: Fraunhofer Fokus > Kompentenzzentrum Öffentliche IT


Abb. 1: Bildquelle "Netzwerkartige Verortung des Themenfeldes" > Fraunhofer Kompentenzzentrum Öffentliche IT