Wie kann die Lebensdauer von Festplatten (HDDs) maximiert werden?

München, Starnberg, 30. Nov. 2023 - Welche Faktoren beeinflussen die Lebensdauer; welche Einsatz- und Umgebungsbedingungen sind optimal? Ein Gastbeitrag von Toshiba...

Zum Beitrag: Festplatten sind äußerst zuverlässig und fallen nur selten aus. Werden sie gut behandelt, lassen sie sich in der Regel über die Garantiezeit hinaus einsetzen, ohne dass die Ausfallrate stark ansteigt. Doch welche Faktoren beeinflussen die Lebensdauer der Laufwerke konkret? Und welche Einsatz- und Umgebungsbedingungen sind optimal? In folgenden Beitrag nimmt Rainer W. Kaese, Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe (1), für uns dazu aus Sicht des Unternehmens Stellung.

 

"Die Zuverlässigkeit von Festplatten ist gerade im professionellen Einsatz extrem wichtig. Zwar schützen Backups und Datenreplikationen vor Datenverlusten, doch der Austausch defekter Laufwerke und das Wiederherstellen des regulären Betriebs verursachen einen personellen und finanziellen Aufwand, den Unternehmen möglichst gering halten wollen. Insbesondere den großen Rechenzentrumsbetreibern und Cloud-Anbietern gelingt das ausgesprochen gut.

Bei ihnen liegen die Ausfallraten häufig zwischen 0,1 und 0,2 Prozent – von 1.000 Laufwerken fallen pro Jahr also nur ein bis zwei aus. Zudem nutzen sie ihre Festplatten aufgrund der sehr guten Umgebungsbedingungen weit über die Garantiezeit hinaus, ohne dass die Ausfallraten signifikant ansteigen. In der Regel tauschen sie die Datenträger erst dann aus, wenn sie mehr Speicherplatz benötigen, und ersetzen in die Jahre gekommene HDDs durch aktuelle Modelle mit deutlich höheren Speicherkapazitäten.

 

Aber wie lässt sich das Maximum an Lebenszeit aus Festplatten herausholen?

Als Speichermedien mit beweglichen Teilen mögen HDDs einen ruhigen und gleichmäßigen Betrieb – jede Form von Bewegung oder Erschütterung der Geräte, in denen sie stecken, ist Gift für ihre Mechanik. NAS-Systeme und andere Geräte, die nicht in einem Server-Rack montiert werden, sollten daher keinesfalls im laufenden Betrieb verschoben werden. Idealerweise stehen sie nicht mal auf oder unter dem Schreibtisch, wo stets die Gefahr besteht, dass man gegen sie stößt oder tritt.

Zudem kann die Tischplatte leicht alle Erschütterung am Schreibtisch auf das Gerät übertragen und so als Resonanzkörper dienen, der die im Gerät auftretenden Rotationsschwingungen verstärkt. Zwar bringen NAS-, Surveillance- und Enterprise-HDDs einen speziellen Vibrationsschutz mit, der unerwünschte Schwingungen erkennt und durch eine Anpassung der Betriebsparameter minimiert. Mit von außen induzierten oder verstärkten Schwingungen ist dieser aber schnell überfordert.

Aus diesem Grund ist es auch wichtig, Festplatten richtig im Gerät zu befestigen und nicht einfach nur ins Gehäuse zu legen. Das gesamte mitgelieferte Befestigungsmaterial sollte tatsächlich genutzt werden, um die Laufwerke wackelfrei zu montieren. Vor allem bei preiswerteren Systemen mit Klemmen oder Einschüben aus Kunststoff kann es aber dennoch vorkommen, dass die HDDs beziehungsweise die Einschübe nicht hundertprozentig fest sitzen. In solchen Fällen ist es ratsam, sie mit kleinen Gummistücken oder anderen Materialien zu arretieren, sodass sie keinerlei Spiel mehr haben.

 

Abb.: "Festplatten mögen es ruhig und kühl, weshalb Server- und Storage-Systeme in separaten, klimatisierten Räumen betrieben werden sollten..." (Quelle: Toshiba)

 

Ebenso wenig wie Bewegung vertragen Festplatten hohe Temperaturen. Werden sie zu heiß, funktionieren ihre elektronischen und mechanischen Komponenten nicht mehr korrekt und einzelne Bauteile verschleißen schneller. So kann beispielsweise das als Schmiermittel verwendete Öl im Lager der Spindel durch große Hitze zu flüssig werden und austreten – die Lebensdauer sinkt deutlich. Deshalb benötigen Festplatten ein kontinuierliches Temperatur-Monitoring und eine zuverlässige Kühlung, insbesondere bei starker Belastung.

 

Die Temperatur der Laufwerke lässt sich via SMART (Self-Monitoring Analysis and Reporting Technology) auslesen und muss innerhalb des vom Hersteller spezifizierten Temperaturbereichs liegen. Bei Enterprise-HDDs sind das 5 bis 60, bei NAS-Systemen 5 bis 65 und bei Surveillance-HDDs sogar 0 bis 70 Grad Celsius. Der Grund für diese Unterschiede ist, dass Enterprise-HDDs üblicherweise in klimatisierten Räumen zum Einsatz kommen, während NAS- und Surveillance-HDDs nicht selten in Umgebungen laufen, deren Temperaturen nicht stabil sind und sich nicht gut kontrollieren lassen. Videoüberwachungssysteme stehen zum Beispiel häufig in Lagerhallen oder Abstellräumen.

Der von den Herstellern angegebene Temperaturbereich ist allerdings nur für die reine Funktionsfähigkeit der Festplatten wichtig. Für ein möglichst langes Leben sollten die Laufwerke bei einer durchschnittlichen Temperatur von maximal 40 Grad Celsius betrieben werden, denn auf diesen Wert beziehen sich die Angaben zur Mean Time To Failure (MTTF) in den Datenblättern.

Eine typische Enterprise-HDD hat eine MTTF von 2,5 Millionen Stunden, was einer jährlichen Ausfallrate (AFR) von 0,35 Prozent entspricht. Pro 5 Grad Celsius über 40 Grad Celsius steigt die Ausfallrate erfahrungsgemäß um etwa 30 Prozent an. Ein dauerhafter Betrieb bei 55 Grad Celsius kann die AFR somit mehr als verdoppeln (0,76 Prozent). Von 1.000 Laufwerken fallen pro Jahr nicht voraussichtlich drei bis vier, sondern eher sieben bis acht Laufwerke aus.

 

Vor allem in den Sommermonaten, in denen die Temperaturen in nicht klimatisierten Räumen regelmäßig über 30 Grad Celsius liegen, sind im Inneren eines Systems schnell über 40 Grad Celsius erreicht. Ein Heim- oder Büro-NAS ist deshalb im kühlen Keller besser aufgehoben als im sonnigen Wohn- oder Arbeitszimmer. Professionelle Systeme gehören ohnehin in klimatisierte Räume, in denen ein durchdachtes Kühlkonzept dafür sorgt, dass die Kaltluft sie gut erreicht und sich nicht mit der warmen Abluft vermischt, die auf der Geräterückseite ausströmt.

Beim Einsatz von Top-Loadern mit mehreren Dutzend Laufwerken müssen Unternehmen zudem oft sehr niedrige Lufteintrittstemperaturen sicherstellen, damit auch die hinteren HDD-Reihen, die nur von der bereits durch die vorderen HDDs erwärmten Luft erreicht werden, konstant unter 40 Grad Celsius bleiben.

Wenn die Festplattentemperatur dauerhaft mehr als 15 Grad Celsius über der Lufteintritts- oder Umgebungstemperatur liegt, deutet das auf ein Problem mit dem thermischen Design des Systems hin. Möglicherweise arbeitet der Lüfter nicht korrekt oder der Luftstrom erreicht die Festplatten nicht optimal – gerade bei Consumer-Geräten kann das durchaus vorkommen, wenn die Hersteller mehr Wert auf die Optik als auf eine effiziente Kühlung legen.

 

Auf die Arbeitslast achten

Darüber hinaus hängt die Lebensdauer einer Festplatte von der Nutzung ab, genauer: der jährlichen Arbeitslast und – bei Modellen, die nicht für einen 24/7-Betrieb ausgelegt sind – der täglichen Betriebsdauer. PC-Laufwerke sind für eine Arbeitslast von 55 TB und eine Betriebsdauer von acht bis 16 Stunden pro Tag ausgelegt. NAS- und Surveillance-HDDs hingegen kommen mit 180 TB zurecht und können rund um die Uhr laufen. Ganz so wie Enterprise-HDDs, die sogar 550 TB bewältigen, wobei es bei den Arbeitslasten generell keine Rolle spielt, ob Daten gelesen oder geschrieben werden.

Festplatten unterliegen hinsichtlich der Schreibzyklen keinen Einschränkungen und können beliebig oft beschrieben werden, solange die Datenmenge innerhalb der angegebenen Arbeitslast liegt. Werden die Werte für Arbeitslast und Betriebsdauer überschritten, droht zwar nicht sofort ein Ausfall, doch die Wahrscheinlichkeit für Ausfälle steigt. Wer die Lebensdauer seiner Laufwerke maximieren will, sollte daher die spezifizierten Arbeitslasten und Betriebszeiten einhalten, seine HDDs vor Stößen und Vibrationen schützen und möglichst konstant bei maximal 40 Grad Celsius betreiben."

 

(1) Das Foto zeigt Rainer W. Kaese (Bildquelle: Toshiba)

 

Querverweis:

Unser Blogpost > Energieeffizienz und Nachhaltigkeit (ESG) aus Sicht der Datenspeicherung

Unser Beitrag > Neue 22-TB CMR Festplatte der MG10F-Serie für Unternehmensanwendungen von Toshiba