Software-definierte Speicher-Infrastrukturen: Das Ende von Storage Arrays?

München, Starnberg, 19. Jan. 2021 - Software Definierter Speicher (SDSI) versus Enterprise Storage Arrays; ein Gastkommentar zu den Pros & Cons von Infinidat...

Zum Hintergrund: Die Diskussion um das Für und Wider von SDS(I) versus Storage (Array) Subsystems wird von Spezialisten schon seit längerem teils kontrovers geführt. Verfechter von Software Defined Storage betonen die Vorteile eines agilen und hoch-virtualisierten Speicheransatzes ohne sog. „Vendor-Lock-in“, insbesondere weil sich aus ihrer Sicht Silos beseitigen, Kosten einsparen und Hardware Abhängigkeiten reduzieren lassen. Anbieter von integrierter Speicher-Hardware und Software („Physical Storage Appliances“) sehen dies je nach Lösungsansatz naturgemäß anders. Im folgenden Beitrag „Software-definierte Speicher-Infrastrukturen: Das Ende der Arrays?“ von Hans Hallitzky, Sales Manager DACH bei INFINIDAT** wird aus Sicht des Verfassers (und Anbieters) versucht, aktuell einige der gängigen Argumente und Beschaffungskriterien von SDSI versus „Hardware Defined“ Storage zu hinterfragen.


Zum Gastbeitrag (ungekürzt / gibt die Meinung des Verfassers wieder): „Das eigene Zeitalter richtig zu charakterisieren, ist für alle Beteiligten keine leichte Aufgabe. Es fehlt schlicht der Abstand. Soweit es die Rolle der IT betrifft, streiten sich die Gelehrten, ob wir im Internet-, Daten- oder doch eher im Software-Zeitalter leben. Als Storage-Spezialist will ich mich da gar nicht festlegen, haben doch alle drei Aspekte starken Einfluss auf unsere Branche. Ohne Zweifel aber hat auch die Storage-Welt der Trend zu „Software-Defined Everything“ erfasst. Software-Defined Storage (SDS) ist keine neue Technologie und in der Branche weit verbreitet. Obwohl viele Unternehmen bei der Auswahl einer Speicherlösung immer noch ihr Hauptaugenmerk auf das Speichermedium richten, spielt die Software für die Performance und Funktionen eines Storage Arrays heutzutage eine viel größere Rolle. Man kann sagen, dass alle heute verkauften Storage Arrays Software-definiert sind, da ihre Speichermedien virtualisiert und in LUNs, Dateisysteme oder Objektspeicher abstrahiert werden. Es gibt allerdings eine weiterreichende Verwendung von „SDS“, wobei von komplett Software-definierten Speicher-Infrastrukturen (SDSI) die Sprache ist. Die Frage ist, ob eine solche SDSI entscheidende Vorteile gegenüber Storage Arrays bietet.

Software-definierte Speicher-Infrastrukturen (SDSI)

  • Die Idee ist, dass man für den Aufbau einer SDSI beliebige Standard-Hardware verwenden kann. Über dieser Hardware wird eine Schicht eingezogen, die es erlaubt, die zugrundeliegende heterogene Hardware als einheitliche Storage-Infrastruktur zu behandeln. SDSI wird als möglicher Ersatz für eine Speicher-Infrastruktur aus Storage Arrays gesehen, der diesen gegenüber diverse Vorteile bietet. Für SDSI-Interessierte lohnt sich allerdings ein genauerer Blick, insbesondere wenn man den Funktionsreichtum moderner Arrays bedenkt.

SDSI – höhere Flexibilität?

  • Das Verschieben von Daten zwischen Arrays oder Rechenzentren ist von Natur aus ein zeitaufwändiger, ressourcenintensiver und fehleranfälliger Prozess. Daten von einem Ort zum anderen zu verschieben ist echte Arbeit und der Grund, warum Daten in der Regel dort bleiben, wo sie zuerst gespeichert wurden, auch wenn das nicht mehr kosteneffizient ist. Allerdings bieten heutzutage auch Storage Arrays die Möglichkeit, Daten zwischen DRAM, Flash und HDDs in Echtzeit und ohne menschliches Zutun zu verschieben, um das Preis/Leistungsverhältnis zu optimieren und ohne SAN-Bandbreite zu verbrauchen.

SDSI - kein Vendor Lock-in?

  • Dieser vermeintliche Vorteil entspringt vor allem einem Wunschdenken. Sobald ein Unternehmen Hardware oder Software von einem Anbieter kauft, entsteht eine Beziehung, die zu durchbrechen Ressourcen erfordert. Die Lock-Ins können schwach oder stark, technisch, finanziell, prozedural, sichtbar oder unsichtbar, emotional oder rechtlich sein. Array-Replikationstechnologien sind historisch gesehen schwierig zu brechen, weil ihre Änderung so viele Störungen verursachen kann.

  • Da sich Bindungen an Hersteller also nicht komplett vermeiden lassen, ist es klug, sie nur dort abzubrechen, wo die Alternative dringend benötigte Fähigkeiten bietet oder einen Wettbewerbsvorteil schafft. Auch sollte ein Unternehmen die Bindung so locker wie möglich halten. Bei Storage Arrays bedeutet dieses Beispiel beispielsweise eine Lösung zu wählen, die ein weit verbreitetes Protokoll verwendet und diese Möglichkeiten maximal nutzt. So ist einerseits wegen der weiten Verbreitung des Protokolls ein Herstellerwechsel möglich, andererseits aber wahrscheinlich nicht nötig, da ja die Performance gewährleistet ist, auch wenn später vermeintlich leistungsfähigere Protokolle auf den Markt kommen sollten.

SDSI – Kostenvorteile?

  • Die propagierten Kostenvorteile einer SDSI ergeben sich vor allem aus dem Einsatz preiswerter (x86) Standard-Hardware. Ohne niedrigere Betriebs-, Upgrade- und Aktualisierungskosten kann eine solche kostengünstige Speicherlösung allerdings leicht zu einer teuren Speicherlösung werden. Bei SDSI handelt es sich um eine Scale-Out-Architektur. Das heißt, dass bei einer Kapazitätserweiterung in der Regel Knoten hinzugefügt werden (komplett mit HBAs, Mikroprozessoren, DRAM, Stromversorgungen, Gebläsen und Medien). Beim Scale-up moderner Storage Arrays werden hingegen in der Regel nur Medien und Gehäuse hinzugefügt. Die Gesamtkosten einer Infrastruktur mit Storage Arrays liegen also, sicher mittel- bis langfristig, unter denen einer SDSI.

  • Und Unternehmen müssen weitere Aspekte in ihre Kostenrechnung einbeziehen. Ausgaben für Personal, Backup/Restore, Ausfallzeiten und verpasste Gelegenheiten (aufgrund mangelnder Flexibilität) sind ebenfalls wichtige Faktoren. Diese hängen stark von der Array-Automatisierung, den Skripting-Funktionen, der Ergonomie der Benutzeroberfläche, den Datenflüssen, der Codequalität und der Fehlertoleranz ab. In diesen Bereichen schneiden moderne Storage Arrays meistens besser ab als vermeintlich kostengünstige SDSI.

  • Einige Anbieter garantieren beispielsweise 100%ige Verfügbarkeit. Während die Kosten für Ausfallzeiten schwer zu kalkulieren sind, sollte ein Unternehmen sich Fragen: „Wie viele zusätzliche Ausfälle müssen auftreten, bevor die kostengünstige Speicherlösung zu einer Einsparung am verkehrten Platz wird?“ Je geringer die Antwort ausfällt, desto wahrscheinlicher ist dezidierte Hardware auch in dieser Hinsicht die bessere Option.

Fazit: Details entscheiden das Gesamtbild

Sich ein Gesamtbild von den Vor- und Nachteilen einer IT-Lösung zu bilden, ist notorisch schwierig. Wenn sich aber, wie im vorliegenden Fall der SDSI, bei jedem einzelnen Faktor die vermeintlichen Vorzüge einer Lösung als trügerisch oder zumindest zweifelhaft erweisen, sollten Unternehmen noch einmal gut nachdenken, bevor sie sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang stürzen.“

** Das Foto zeigt Hans Hallitzky, Sales Manager DACH bei INFINIDAT (Bildquelle: Infinidat).


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