Hamburg, Starnberg, den 24. Febr. 2012 - Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) und Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ) analysieren die Erderwärmung…
Zum Hintergrund: Die aktuellen Modellrechnungen sind Teil des Weltklima-Forschungsprogramms (WCRP – World Climate Research Programme). Im Rahmen dieses Programms werden die koordinierten Berechnungen der zahlreichen globalen gekoppelten Klimamodelle weltweit miteinander verglichen.
Vorgehensweise & Ergebnisse: Erstmals wurden nach den vorliegenden Informationen neben Langzeitprojektionen auch detaillierte Klimaprognosen für die kommenden zehn Jahre durchgeführt. So haben die Forscher mit dem neuen Klimamodell des MPI-M berechnet, dass ein "Zwei-Grad-Ziel" doch noch erreicht werden könnte (weltweit hatte man sich die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad als Ziel gesetzt, doch erst 2020 soll wohl ein Vertrag zu den Treibhausgasemissionen verabschiedet werden...). Die Voraussetzung dafür ist eine umgehende & drastische Minderung der Kohlendioxidemissionen. In einem internationalen Modellvergleich haben die Forscher den komplexen Kohlenstoffkreislauf und die Vegetationsdynamik in die Klimaprojektionen für das 21. Jahrhundert integriert. Die Simulationen zeigen im Falle einer weiter ansteigenden CO2-Konzentration nicht nur einen deutlichen Temperaturanstieg, sondern auch eine erheblich schnellere Übersäuerung der Ozeane. Besonders betroffen davon sind Tiere, die Kalkschalen bilden. In den sogenannten Millenniums-Simulationen (über die letzten 800-1000 Jahre) haben die Forscher festgestellt, dass der Mensch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bereits seit 1750 durch die Umwandlung von Wäldern in Ackerland beeinflusst hat. Die ersten Spuren des menschlichen Fußabdrucks im Kohlenstoffkreislauf wurden damit lange vor der industriellen Revolution und vor der Nutzung von Öl und Kohle sichtbar.
Die neuen Klimasimulationen sind auf dem Höchstleistungsrechner des DKRZ durchgeführt worden und haben dort etwa ein Viertel der Gesamtkapazität über einen Zeitraum von zwei Jahren beansprucht. Zitat: „Mit einer Rechenleistung von 158 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde haben unsere Wissenschaftler bei über 350 Klimaexperimenten insgesamt 13.000 Jahre Klimageschehen simuliert“, so Prof. Dr. Thomas Ludwig, Geschäftsführer des Deutschen Klimarechenzentrums in Hamburg. „Diese Rechenleistung entspricht etwa 30 Millionen Prozessorstunden herkömmlicher Computer.“ Zurzeit ist das HPC-System für die Erdsystemforschung (HLRE2) > http://www.dkrz.de/Klimarechner/hpc/ibm < eine IBM Power6 mit insgesamt rund 8500 Rechenkernen und Peak-Rechenleistung von 160 Tflops. Hier die Übersicht zu den Leistungsdaten (Quelle: DKRZ):
- Spitzenrechenleistung: 158 TeraFlops/s
- 264 IBM Power6-Rechenknoten
- 16 Dual Core Prozessoren pro Knoten
- 8448 Rechenkerne
- mehr als 20 TeraByte Hauptspeicher
- 7 PetaByte GPFS-Disksystem
- Infiniband-Netzwerk mit 7,6 TeraByte/s Übertragungsrate (aggregiert)
- 8 x Qlogic 288 Port 4x-DDR Infiniband Switches
- 16 GigaByte/s Knoten zu Knoten (bidirektional)
- 25.4 km Infiniband-Kabel
Eckdaten zum Speicher-Management am DKRZ: Es werden jährlich etwa 10 PetaByte (10 000 TeraByte) an Modellergebnissen archiviert, die bei den Simulationen auf den Hochleistungsrechnern entstehen. Die Datenspeichersysteme sind ebenfalls wie die Compute-Ressourcen für das Anwendungsprofil der Klima- und Erdsystemforschung optimiert. Um einen kontinuierlichen Fluss der Klima-Daten vom Hochleistungsrechner in das Archivsystem und schnellen Zugriff auf archivierte Daten zu gewährleisten, betreibt das DKRZ damit nach eigenen Angaben eines der größten Datenarchive weltweit... http://www.dkrz.de/Klimarechner/datenarchiv
- HPSS - High Performance Storage System
- 7 automatische Oracle/StorageTek SL8500-Bandbibliotheken
- 8 Roboter je Bibliothek
- mehr als 67 000 Stellplätze für Magnetbandcassetten
- 88 Bandlaufwerke
- Gesamtkapazität mehr als 100 PetaByte
- 500 TeraByte Disk Cache
- Bidirektionale Bandbreite von 3 GigaByte/s (sustained), 5 GigaByte/s (peak)
Technisch basiert das Datenmanagement-System des HPSS am DKRZ auf folgenden Komponenten:
- 2 x HPSS Core Servers auf IBM® System p ® 550 unter AIX ® und High Availability Cluster Multiprocessing (HACMP)
- 4 x HPSS Data Movers auf IBM System p 575 unter AIX
- 500 TB Disk Cache: IBM System Storage™ DS5300 and EXP5000 mit je 1 TB SATA Drives
Weiter sind Komponenten von DDN (1,2 PetaByte Disk-Speicher für das GPFS Filesystem) und ein Blade-Center von Dell (GPFS NSD Server) installiert.
Die Hamburger Klimaforscher sind Pioniere bei der Entwicklung eines der ersten dreidimensional auflösenden gekoppelten Atmosphären-Ozean-Modelle. Das Max-Planck-Institut für Meteorologie gehört weltweit zu den führenden Klimaforschungsinstituten und hat seit seiner Gründung 1975 viele wesentliche Beiträge zur Klimaforschung geleistet. Prof. Dr. Klaus Hasselmann, Gründungsdirektor des MPI-M, hat 1996 mit seinem Team erstmals den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, dass die Erderwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 95% auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist. Die Ergebnisse der Hamburger Klimamodellrechnungen fließen 2013 in den Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) ein.
FAZIT aus den bisherigen Simulationen: Falls die CO2-Emissionen ungebremst weiter ansteigen, so wie im ungünstigsten Szenario angenommen, erwarten die Wissenschaftler eine Erwärmung um bis zu vier Grad im globalen Mittel bis zum Jahr 2100. Die Folgen wären sehr vielfältig. „Wir würden weltweit mehr länger anhaltende und auch drastischere Hitzewellen haben“, so Jochem Marotzke, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie und stellvertretender Vorsitzender des Weltklima-Forschungsprogramms. „Unsere jetzt gerade fertig gestellten Rechnungen haben gezeigt, dass wir tatsächlich die Erwärmung im Laufe dieses Jahrhunderts auf unter zwei Grad begrenzen können. Allerdings erfordert das eine drastische Minderung in den Kohlendioxidemissionen.“
Den Klimawissenschaftlern am MPI-M ist es erstmals gelungen, die nordatlantische Meeresströmung genau vorauszuberechnen. Mit Hilfe von aktuellen Beobachtungsdaten ist es gelungen, einen konsistenten aktuellen Startzustand der Ozeanzirkulation zu bestimmen und in das Ozeanmodell einzubauen. Damit ist es nun möglich, Klimaanomalien für die nächsten fünf bis zehn Jahre vorherzusagen. „Die aktuellen Berechnungen zeigen, dass der Ozean durch die CO2-Belastung bereits um etwa 30% saurer gegenüber der Situation vor der Industrialisierung geworden ist. Wissenschaftler bezweifeln, dass viele Organismen sich an diese Änderung schnell genug anpassen können. Das betrifft besonders Kalk bildende Organismen wie Muscheln und Korallen“, so Jungclaus.
Ein Video mit den wichtigsten Aussagen zur Erderwärmung finden Sie hier: