
„Neuromorphe Computersysteme“ orientieren sich am menschlichen Gehirn. Das System basiert auf dem SpiNNaker2-Chip und umfasst in der aktuellen Ausbaustufe 35.000 Chips und mehr als fünf Millionen Prozessorkerne für mehr Leistung und Energieeffizienz…
Hintergrund
Die Technische Universität Dresden (TUD) erreicht nach Prof. Christian Mayr (Professur für hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik) einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung neuromorpher Computersysteme: Der federführend von Prof. Mayr entwickelte Supercomputer „SpiNNcloud“ geht jetzt in Betrieb. Das System basiert auf dem neuen SpiNNaker2-Chip und soll in der aktuellen Ausbaustufe 35.000 Chips und über fünf Millionen Prozessorkerne umfassen (Quelle: TUD). Der SpiNNaker2 Chip soll laut SpiNNcloud bis 18x energieeffizienter als GPUs arbeiten.
Neuromorphe Computersysteme orientieren sich am leistungsfähigsten "Computer der Natur" – dem menschlichen Gehirn. Damit sollen sie völlig neue Perspektiven für die Rechenzentrumsarchitektur eröffnen: Anstatt ausschließlich auf Verbesserungen bestehender Technologien zu setzen, erweitert der Ansatz das Design von Computerarchitekturen um gehirnähnliche Prinzipien wie verteilten Speicher und ereignisgesteuerte Verarbeitung. Das Ergebnis laut TUD: deutlich reduzierter Energieverbrauch bei gleichzeitig hoher Leistungsfähigkeit und Flexibilität.
Unter Leitung von TUD-Prof. Mayr wurde SpiNNaker2 im Rahmen des EU Flagship-Projekts „Human Brain Project“ entwickelt. „SpiNNaker2 vereint eine hohe Effizienz mit Echtzeitverarbeitung bei Latenzen unter einer Millisekunde“, so Mayr. „Inspiriert von biologischen Prinzipien wie Plastizität und dynamischer Rekonfigurierbarkeit, soll sich das System automatisch an komplexe, sich verändernde Umgebungen anpassen können. Diese Kombination aus biologisch inspirierter Architektur und technologischer Innovation eröffnet neue Möglichkeiten für KI-Anwendungen in Smart Cities, beim Autonomen Fahren und dem taktilen Internet.“
Anmerkung: Der Supercomputer ist Teil des KI-Kompetenzzentrums ScaDS.AI Dresden/Leipzig. Als eines von neun Zentren des Nationalen Hochleistungsrechnens (NHR) bietet das Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechen (ZIH) an der TUD darüber hinaus spezielle HPC-Ressourcen sowie eine gezielte Unterstützung und Beratung an. Die Systeme stehen danach Forschern aus ganz Deutschland zur Verfügung.
Inspiriert vom menschlichen Gehirn: Der Supercomputer SpiNNcloud © Tobias Ritz / SpiNNcloud (Bildquelle).
Kommentar Prof. Steve Furber, Pionier der ursprünglichen SpiNNaker-Architektur an der Universität Manchester, unterstreicht die Bedeutung der Weiterentwicklung: „Mit mehr als der fünffachen Anzahl von Neuronen im Vergleich zur ersten SpiNNaker-Generation in Manchester markiert die SpiNNcloud an der TU Dresden einen echten Durchbruch im neuromorphen Computing. Zum ersten Mal können wir diese energieeffiziente, vom Gehirn inspirierte Architektur in einem wirklich großen Maßstab nutzen.“
SpiNNcloud ist ein Deep-Tech-Spin-off der TUD. Das Unternehmen bietet nach vorliegenden Informationen die weltweit erste kommerzielle, gehirn-inspirierte HPC-Plattform an, die durch energieeffiziente Parallelverarbeitung und Echtzeitfähigkeiten traditionelle Rechnerarchitekturen neu definiert. Die innovative Technologie ermöglicht Kunden die Entwicklung energie-effizienter und robuster KI-Modelle sowie die Verarbeitung generischer Compute-Workloads.
Die Realisierung des Projekts wurde durch die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaats Sachsen im Projekt „SpiNNcloud“ ermöglicht. Der Software-Stack, der in einem solchen Großsystem zum Einsatz kommt, wurde aus dem EIC-Transition-Projekt „SpiNNode“ finanziert und von SpiNNcloud entwickelt.
Das Projekt profitiert von der Expertise mehrerer Industriepartner
Die RAFI Group verantwortet die Produktion der hochkomplexen Leiterplatten, während Cloud & Heat die fortschrittliche Wasserkühlung für die Infrastruktur bereitstellt. Die adaptive Body-Bias-IP-Plattform wird von Technologiepartner Racyics beigesteuert.
Querverweis:
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