Die Kühlung im RZ beim KI-Einsatz wird komplexer. Referenzdesigns für NVIDIA Mission Control und NVIDIA GB300 NVL72. Portfolio für Liquid Cooling nach Motivair-Übernahme…
Hintergrund
Steigende Rack-Dichten von über 140 kW und zukünftige Leistungsdichten von 1 MW und mehr…
KI-Chips werden immer leistungsfähiger und Systeme enthalten mehr Recheneinheiten auf kleinem Raum. Dadurch erzeugen sie mehr Wärme. Rechenzentren benötigen inzwischen Flüssigkeitskühlung, um temperaturintensive Workloads effektiv zu kühlen und die kritische Infrastruktur mit maximaler Betriebszeit und Effizienz verfügbar zu halten.
Die Kühlung kann bis zu 40 Prozent des Energiebedarfs eines Rechenzentrums ausmachen. Eine direkte Flüssigkeitskühlung ist laut Schneider Electric heute bis zu 3.000-mal effektiver und effizienter bei der Wärmeabfuhr als Luftkühlung, da die Wärme direkt auf Chip-Ebene abgeführt wird. Die Implementierung von Flüssigkeitskühlung ist jedoch komplex und erfordert einen End-to-End-Ansatz, der die Technologieauswahl, Installation und laufende Wartung berücksichtigt.
Schneider Electric und Motivair haben jetzt ein komplettes Liquid Cooling-Technologieportfolio vorgestellt. Die folgende Übersicht gibt einen Überblick in die Liquid Cooling-Angebote von Schneider Electric seit Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an Motivair im Februar 2025. Betroffen sind Rechenzentrums- und Flüssigkeitskühlungslösungen, einschließlich aller Kernkomponenten der Kühlinfrastruktur sowie eine Lieferkette, die laut Anbieter globale Anforderungen bedienen kann.
Ankündigungsübersicht
Teil 1 (Motivair)
Die Übernahme von Motivair kombiniert Schneider Electrics globale Lieferkette und Expertise in Rechenzentrumsinfrastruktur, Software und Services mit Motivair’s Erfahrung im Bereich Exascale- und beschleunigtes Computing.
Das Portfolio umfasst Coolant Distribution Units (CDUs), ChilledDoor Rear Door Heat Exchanger, Liquid-to-Air Heat Dissipation Units (HDU), Dynamic Cold Plates, Chiller und Technology Cooling System (TCS) Loops sowie KI-fähige Infrastruktur-Lösungen von Schneider Electric (Quelle: Schneider Electric Secure Power).
Motivair by Schneider Electric Kühllösungen sind weltweit verfügbar und adressieren die Anforderungen von Hochleistungsrechenzentren, in denen besonders viele leistungsstarke Grafikprozessoren (GPUs) eingesetzt werden. Das Portfolio aus Flüssigkeits- und Luftkühlung umfasst die physische Infrastruktur von Rechenzentren, darunter unter anderem CDUs, RDHx, HDUs, dynamische Cold Plates und Chiller sowie Software und Services. Alle Komponenten sind laut Anbieter darauf ausgelegt, die thermischen Anforderungen von Next-Generation High Performance Computing (HPC), KI-Einsatz und beschleunigten Workloads zu erfüllen.
Liquid Cooling-Portfolio für KI-Rechenzentren
Die Flüssigkeits- und Luftkühlungslösungen von Motivair by Schneider Electric umfassen nach vorliegenden Angaben Coolant Distribution Units der Megawatt-Klasse, ChilledDoor Rear Door Heat Exchanger und Dynamic Cold Plates, die eine präzise Temperaturregelung für KI-Racks mit mehr als 100 kW ermöglichen. Hier der Überblick (Quelle, Anbieter):
"Coolant Distribution Units (CDUs): Die CDUs von Motivair werden danach in Zusammenarbeit mit führenden Siliziumherstellern entwickelt und ermöglichen eine nahtlose Integration mit Prozessoren und Beschleunigern der nächsten Generation. Die CDU-Familie skaliert von 105 Kilowatt bis 2,5 Megawatt und ist damit der Marktnachfrage derzeit voraus. Aktuell bildet die CDU-Technologie von Motivair laut Anbieter die Basis für die thermische Performance von sechs der zehn leistungsstärksten Supercomputer weltweit und ist für die neueste Hardware von NVIDIA zertifiziert.
ChilledDoor Rear Door Heat Exchanger: Dieser Rücktür-Wärmetauscher kühlt Rack-Dichten bis zu 75 kW und eignet sich damit für leistungsintensive GPUs. Sein rackunabhängiges Design macht ihn zu einer vielseitigen Lösung für jede HPC-Umgebung.
Liquid-to-Air Heat Dissipation Unit (HDU): für KI-Beschleuniger, Colocation-Umgebungen oder Labore, in denen Wasser nicht direkt verfügbar ist. Die Motivair HDU bietet 100 kW Wärmeabfuhr auf nur 600 mm Breite. Sie kann zudem einen Wasserkreislauf erzeugen, um bis zu 132 kW Kühlleistung bereitzustellen – ein 1:1-Verhältnis mit der NVL144-Computing-Architektur von NVIDIA.
Chiller und Technology Cooling System (TCS) Loops: Die geschlossenen, luftgekühlten Chiller von Motivair und Schneider Electric sollen es Betreibern ermöglichen, jährlich Millionen Liter Wasser pro Megawatt Kühlbedarf einzusparen.
Software und Services: die EcoStruxure-Software von Schneider Electric ist speziell darauf ausgelegt, die Herausforderungen der Luft- und Flüssigkeitskühlung in Rechenzentren zu bewältigen. Zudem bietet sie ein Thermomanagement für geschäftskritische Umgebungen. Bei Motivair stehen für den Service von Hochleistungs-Flüssigkeitskühlungssystemen in allen wichtigen Regionen weltweit speziell ausgebildete Techniker zur Verfügung.
Globale Lieferkette: Motivair hat kürzlich seine vierte Produktionsstätte in Buffalo im US-Bundesstaat New York eröffnet und erweitert zudem die Produktionskapazitäten in Italien und Indien, um die Fertigung zu verdreifachen und die Lieferzeiten für Kunden weltweit zu verkürzen.
Strenge Tests: Alle Flüssigkeitskühlungsmodelle durchlaufen Leistungstests, die reale Wärmelasten simulieren. So werden sowohl die thermische als auch die mechanische Leistung vor dem Versand validiert. Während der Produktentwicklung wird die Produktleistung intern überprüft. Jede Einheit wird vor der Auslieferung gereinigt, um Sauberkeit zu gewährleisten und Probleme vor Ort zu vermeiden."
Teil 2 (NVIDIA Referenzdesigns)
Schneider Electric kündigt Referenzdesigns mit integriertem Energiemanagement und Steuerung von Flüssigkeitskühlung an:
Das erste Referenzdesign bietet ein Rahmenwerk für integrierte Energiemanagement- und Liquid-Cooling-Steuerungssysteme, einschließlich der Technologien von Motivair by Schneider Electric. Es ermöglicht ein Management komplexer KI-Infrastrukturkomponenten. Dazu zählt auch die Interoperabilität mit NVIDIA Mission Control, der Betriebs- und Orchestrierungssoftware für KI-Fabriken von NVIDIA, einschließlich Funktionen für Cluster- und Workload-Management. Das Referenzdesign für Steuerungssysteme lässt sich mit den Rechenzentrums-Referenzdesigns von Schneider Electric für NVIDIA Grace Blackwell Systeme kombinieren. Dadurch können Betreiber ihre Energie- und Flüssigkeitskühlsysteme steuern.
Das zweite Referenzdesign fokussiert sich auf die Bereitstellung von Infrastruktur für KI-Fabriken mit einer Leistung von bis zu 142 kW pro Rack, speziell für NVIDIA GB300 NVL72 Racks, innerhalb eines einzelnen Datenraums. Es wurde entwickelt, um einen Rahmen für die nächste Generation der NVIDIA Blackwell Ultra Architektur zu schaffen.

Bildquelle: Schneider Electric, Whitepaper. „Optimizing AI Infrastructure: The Critical Role of Liquid Cooling“.
Kommentarauszug Richard Whitmore, CEO von Motivair by Schneider Electric: „Heute sind wir der einzige Anbieter von Flüssigkeitskühlung, der nachweislich Expertise auf Siliziumebene besitzt, da wir unsere Lösungen gemeinsam mit NVIDIA und anderen führenden GPU-Herstellern entwickeln“.
Das Referenzdesign umfasst Informationen zu vier technischen Bereichen: Energieversorgung, Kühlung, IT-Fläche und Lifecycle-Software. Es ist sowohl nach den Standards des American National Standards Institute (ANSI) als auch der International Electrotechnical Commission (IEC) verfügbar.
"Das Referenzdesign von Schneider Electric für NVIDIA GB300 NVL72 ermöglicht die Bereitstellung von Clustern auf Basis von NVIDIA GB300 NVL72 mit einer maximalen Rack-Dichte von 142 kW, wie beispielsweise dem NVIDIA DGX SuperPOD mit DGX GB300 Systemen. Der Datenraum ist speziell konzipiert und optimiert, um drei NVIDIA GB300 NVL72-basierte Cluster mit bis zu 1.152 GPUs unter Einsatz von Liquid-to-Liquid-CDUs und Hochtemperatur-Kühlern aufzunehmen.
Das Referenzdesign umfasst außerdem die ETAP- und EcoStruxure IT Design CFD-Modelle von Schneider Electric. Diese ermöglichen es Nutzern, mithilfe digitaler Zwillinge spezifische Energie- und Kühlungsszenarien zu simulieren und so Designs für individuelle Anwendungen zu optimieren. Es baut auf einem früheren Blueprint für die NVIDIA GB200 NVL72 auf, da Schneider Electric weiterhin mit NVIDIA zusammenarbeitet, um vollständig entwickelte und getestete Modelle für die neue NVIDIA GB300 NVL72 Plattform bereitzustellen."
Brücke zwischen IT/OT
Mit „Plug-and-Play“-Architektur auf Basis des MQTT-Protokolls schlägt das System eine Brücke zwischen der Betriebstechnologie-(OT)-Infrastruktur und den IT-Systemen. Dadurch können laut Anbieter die Betreiber erstmals Daten aus allen Ebenen nutzen, um die Leistung zu optimieren.
"Durch den Fokus auf Interoperabilität zwischen Gebäude- und KI-Infrastruktur-Managementsoftware etabliert das Steuerungs-Referenzdesign redundante Systeme für Energie und Kühlung und führt neue Richtlinien zur Messung von KI-Rack-Leistungsprofilen ein. Das Ergebnis soll ein durchgängiges Steuerungssystem sein, das laut Entwickler folgendes bietet:
Eine standardisierte Schnittstelle zur Veröffentlichung von Daten zum Energiemanagement und zur Flüssigkeitskühlungssteuerung, die sowohl von lokalen Anwendungen als auch von übergeordneten Datenkonsumenten und Tools genutzt werden kann – einschließlich KI-Infrastruktur-Managementsoftware, digitalen Zwillingen, KI/ML- und weiteren Unternehmenssystemen.
Die Steuerungsarchitektur ist darauf ausgelegt, Redundanz innerhalb der Kühlungs- und Energieverteilungsinfrastruktur zu gewährleisten, einschließlich Kühlmittelverteilungseinheiten (CDUs) und Remote-Stromverteilern (RPPs), und sorgt so für Ausfallsicherheit in White- und Grey-Space-Umgebungen.
Neue Richtlinien zur Messung von KI-Rack-Leistungsprofilen mit Fokus auf die Spitzenleistung des Racks und die Überwachung der Stromqualität.
Zusätzlich zu diesen neuen Referenzdesigns hat Schneider Electric neun weitere KI-Referenzdesigns für verschiedene Szenarien entwickelt, darunter vorgefertigte Module, nachgerüstete Rechenzentren sowie speziell für NVIDIA GB200 NVL72- und NVIDIA GB300 NVL72-basierte Cluster konzipierte KI-Infrastrukturen."
Fazit: Mit dem fortschreitenden Einsatz von KI greifen moderne Rechenzentrumsbetreiber auf Referenzdesign-Rahmenwerke zurück, um die Herausforderungen hinsichtlich Geschwindigkeit und Implementierung hochdichter, GPU-beschleunigter KI-Cluster erfolgreich zu meistern. So sollen sie die Möglichkeit erhalten, die nächste Generation von Energie- und Flüssigkeitskühlungs-Steuerungssystemen zu planen und zu integrieren – noch bevor die jeweils neuesten KI-Infrastrukturlösungen auf den Markt kommen.
Teil 3 (skalierbare 800-VDC-Verteilungssysteme)
Neuer Sidecar: Systemweite Innovation für die Stromversorgung
Die herkömmliche 54-Volt-Stromverteilung in heutigen Rechenzentren ist für Racks im Kilowatt-Bereich ausgelegt und stößt bei den kommenden Megawatt-Racks moderner KI-Fabriken an ihre Grenzen. Skalierbare 800-VDC-Verteilungssysteme mit einer integrierten Energiespeicherung werden daher unerlässlich.
In Zusammenarbeit mit NVIDIA entwickelt Schneider Electric nach vorliegenden Angaben einen 800-VDC-Sidecar, der Racks mit bis zu 1,2 MW Leistung für die nächste Generation von NVIDIA-GPUs und zukünftige NVIDIA-Infrastrukturen versorgen kann.
Durch die Umwandlung von AC-Strom aus dem Rechenzentrum in 800 VDC soll der Sidecar für eine sichere, effiziente und kostengünstige Stromversorgung im Megawatt-Bereich sorgen. Zu den zentralen Vorteilen gehören laut Anbieter:
"Höchste Effizienz
Modulare Stromkonvertierungsregale
Modulare Energiespeicherung für kurzfristige Back-ups und Lastspitzen
Live-Swap-Funktion für erhöhte Sicherheit."
Schneider Electric setzt bei der Entwicklung auf fortschrittliche Modellierung, Simulation und Praxistests. Dazu gehören:
"Fehlerstrom- und Lichtbogenanalysen
Zertifizierte Testumgebungen für eine realitätsnahe Leistungsüberprüfung
Live-Swap-Funktion für eine sichere Wartung ohne Betriebsunterbrechung."
Kommentar Dion Harris, Sr. Director, HPC, Cloud und AI Infrastructure Solutions GTM bei NVIDIA: „Skalierbare Stromarchitekturen sind das Fundament für KI-Infrastrukturen der nächsten Generation, die sowohl maximale Leistung als auch Effizienz bieten. NVIDIA und Schneider Electric bauen auf ihrer langjährigen Partnerschaft auf, um fortschrittliche 800-VDC-Stromarchitekturen zu entwickeln, die die KI-Anwendungen der industriellen Revolution antreiben werden.“
Querverweis:
Unser Beitrag > Fragen und Antworten für Rechenzentrumsbetreiber zum neuen Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
Unser Beitrag > Wie KI- und HPC-Rechenzentren bei Energie- und innovativen Kühllösungen gefordert sind
Unser Beitrag > NTT DATA und Schneider Electric entwickeln Infrastruktur für KI-Anwendungen am Edge