
Erhaltungsmanagement von Infrastrukturen. Kontinuierliche Datenerfassung und Analyse sowie eine leistungsfähige Speicherinfrastruktur als Voraussetzungen zum Bau der Infrastruktur von morgen…
Hintergrund
Digitale Zwillinge revolutionieren das Erhaltungsmanagement von Infrastrukturen. Durch kontinuierliches Monitoring, intelligente Datenanalyse und vorausschauende Wartung lassen sich Sanierungskosten senken, Ausfallzeiten vermeiden – und die Lebensdauer von Brücken nahezu verdoppeln.
In dem folgenden exklusiven Fachbeitrag von Jürgen Hamm, Lead Architect Digital Twin Solutions bei NetApp (1) finden Sie weitere Informationen, wie sich mit Hilfe von Digitalisierung knappe Budgets bestmöglich nutzen lassen, um die Lebensdauer kritischer Bauwerke zu verlängern. NetApp bringt nach eigenen Angaben in diesem Zusammenhang seine Expertise im Datenmanagement sowie eine leistungsfähige Speicherinfrastruktur (Beispiel Objektspeicher) ein, die speziell für große Datenmengen und komplexe Analyseprozesse (Big Data Analytics) ausgelegt ist.
Zum Fachbeitrag
„In Deutschland sind Schäden an Brücken regelmäßig der Grund für dramatische Schlagzeilen, etwa der Teil-Einsturz der Carolabrücke in Dresden im September 2024 (s.a. externer link > https://www.dresden.de/de/stadtraum/zentrale-projekte/carolabruecke.php).
Rund 4.000 Autobahnbrücken in Deutschland gelten als dringend sanierungsbedürftig, 16.000 Brücken insgesamt bundesweit als baufällig. (2) Angesichts der steigenden Verkehrsbelastung und der zunehmenden Alterung der Infrastruktur könnte diese Zahl weiter zunehmen. Bisher werden Reparaturen meist routinemäßig geplant und finden oft erst statt, wenn Schäden bereits sichtbar sind und kostspielige Maßnahmen unvermeidbar werden. Um Sicherheitsrisiken, Sanierungsstau und hohe Folgekosten zu vermeiden, rückt die Frage nach effizienten und vorausschauenden Wartungslösungen ins Zentrum der Debatte: Wie lassen sich knappe Budgets bestmöglich nutzen, um die Lebensdauer kritischer Bauwerke zu verlängern? Die Antwort liegt in der Digitalisierung – genauer gesagt im Einsatz digitaler Zwillinge.
Frühzeitige Schadensprävention oder Risiken erkennen, bevor sie sichtbar werden
Mithilfe digitaler Zwillinge lassen sich Schadstellen frühzeitig erkennen, etwa durch datengetriebene Musteranalysen. Auch Anomalien in Spannungsverläufen, Temperaturentwicklung oder Materialverhalten können automatisiert identifiziert werden. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse lassen sich Maßnahmen zur Instandsetzung frühzeitig einleiten – bevor gravierende Schäden entstehen.
Für den Aufbau eines digitalen Zwillings bei Bestandsbrücken müssen Informationen, die bislang nur analog vorliegen, in digitale Formate überführt werden. Es gilt, historische Pläne, Materialdaten und Inspektionsprotokolle in strukturierte, maschinenlesbare Daten umzuwandeln – die Grundlage für jeden digitalen Zwilling.
Beim Bau neuer Brücken kann die kontinuierliche Datenerfassung bereits von der ersten Planung an mit berücksichtigt werden. Das schafft eine digitale Historie für zukünftige Wartungsentscheidungen.
Lebenszyklusoptimierung: langlebiger durch datenbasiertes Monitoring
Dem initialen Aufwand steht ein signifikanter Nutzen gegenüber. Durch das fortlaufende Monitoring können Abnutzungsprozesse dokumentiert, Lastwechsel überwacht und der Zustand von Materialien präzise bewertet werden. Die Integration von Sensorik, IoT und Edge-Computing lässt so ein detailliertes Bild des Bauwerks entstehen. Die Ergebnisse werden intelligent vorverarbeitet, angereichert mit Metadaten und zentral gespeichert, etwa in Objektspeichern. Das gibt Einblicke in Echtzeit und erleichtert fundierte Entscheidungen – für ein über Jahrzehnte tragfähiges Instandhaltungsmanagement.
Ein großer Vorteil digitaler Zwillinge liegt zudem in ihrem Skalierungspotenzial. Ist eine standardisierte Datenstruktur etabliert, lassen sich zahlreiche Bauwerke in ein gemeinsames Erhaltungsmanagement überführen. Plattformbasierte Ansätze mit Cloud-Storage und offenen Schnittstellen wie der "Verwaltungsschale" (Asset Administration Shell, AAS) ermöglichen es Kommunen, effizient auf zentrale Daten zuzugreifen. Die Nutzung offener Standards erlaubt auch kleineren Kommunen oder Projekten mit knappen Budgets den Zugang zur Technologie. SaaS-Modelle reduzieren zusätzlich den Infrastrukturbedarf vor Ort erheblich.
Sensoren und KI in Aktion
Der Schlüssel zu dieser Technologie ist eine einwandfreie Datengrundlage: Digitale Zwillinge verwenden verschiedene spezialisierte Sensoren, um fortlaufend Daten zu den tatsächlichen Verkehrslasten, den Umweltbedingungen oder der Materialbeanspruchung am Standort der Brücke zu erfassen. Für die zuverlässige Überwachung wird die Sensorik an das jeweilige Bauwerk angepasst. Dabei kommen häufig faseroptische Sensoren zum Einsatz, und Sensoren wie Dehnungsmessstreifen, Inklinometer, Schlauchwaagen oder Beschleunigungssensoren liefern hochauflösende Zustandsdaten. Spezielle Wetterstationen messen zudem Umwelteinflüsse wie Luftfeuchtigkeit, Niederschläge und Sonneneinstrahlung.
Die Daten werden zunächst an einem Messwandler oder -verstärker an der Brücke erfasst. Je nach Signifikanz werden sie unmittelbar in den digitalen Brückenzwilling eingespeist und gespeichert oder archiviert und an das zentrale Rechenzentrum gesendet. Dort braucht es eine leistungsstarke Netzwerk- und Recheninfrastruktur, um die Kubernetes Container-Umgebung der digitalen Zwillinge betreiben zu können. Für die Zukunft ist geplant, dass Algorithmen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, die Sensordaten auf kleinste strukturelle Veränderungen hin untersuchen, lange bevor diese mit bloßem Auge sichtbar werden.
Konkretes Beispiel für einen Use Case bietet die Brücke über die Isen in Schwindegg im Landkreis Mühldorf am Inn. (3)
Die Technologie der digitalen Zwillinge wird dort seit Dezember 2022 erfolgreich eingesetzt. Mithilfe von Sensoren lässt sich der Zustand der Brücke ständig kontrollieren und Belastungen oder Schäden werden in Echtzeit identifiziert. Der virtuelle Zwilling liefert detaillierte Informationen zur Belastbarkeit und unterstützt die Betreiber dabei, notwendige Sanierungen frühzeitig zu planen und umzusetzen. Eine Besonderheit dieses Projekts: Bereits seit der Bauzeit werden umfangreiche Daten erfasst.
Die „Digitale Brücke Schwindegg“ ist ein Vorzeigeprojekt für interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Universität der Bundeswehr, das Fraunhofer IESE und NetApp kombinieren Ingenieurswissenschaften, Softwareentwicklung und Dateninfrastruktur zu einer skalierbaren Lösung für den Brückenbau. Das Projekt zeigt, wie digitale Zwillinge durch Open-Source-Lösungen wie Eclipse BaSyx standardisiert, sicher und wirtschaftlich betrieben werden können. NetApp bringt dabei jahrzehntelange Expertise im Datenmanagement sowie eine leistungsfähige Speicherinfrastruktur ein, die speziell für große Datenmengen und komplexe Analyseprozesse ausgelegt ist."
Fazit- Return on Investment durch intelligente Infrastruktur
"Digitale Zwillinge sind mehr als ein technisches Gimmick, sie sind ein ökonomisch und sicherheitstechnisch sinnvolles Werkzeug, um Infrastruktur nachhaltiger zu planen und zu betreiben. Der Return on Investment entsteht nicht kurzfristig, wohl aber mittel- bis langfristig – durch verlängerte Lebenszyklen, reduzierte Sanierungskosten und mehr Verkehrssicherheit. Studien gehen von bis zu 30 Prozent Einsparpotenzial bei den Wartungskosten aus. Ein weiteres Ergebnis der zentralen Verfügbarkeit aller Bauwerksinformationen: mehr Transparenz und Planbarkeit. Digitalisierung wird damit selbst zum Wirtschaftsfaktor: Wer heute in digitale Zwillinge investiert, baut die Infrastruktur von morgen.“
(1) Im Bild: Jürgen Hamm, Lead Architect Digital Twin Solutions bei NetApp (Bildquelle: NetApp).
(2) Quelle: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/bund-unterschaetzt-offenb...
(3) Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/muehldorf-schwindegg-bruecke-1.5679988
Querverweis:
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