
Die verstärkte Nutzung von KI- und deren Integration in den Alltag verbraucht eine erhebliche Menge an Strom. Neue Technologieansätze gefordert. Vom Rechen- zum Energiezentrum...
Hintergrund
Rechenzentren, die für die Nutzung von KI arbeiten, sind aufgrund der steigenden Datenmengen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Jedoch ist auf Grund des steigenden Energiebedarfs durch GenAI & Co. ein grundlegendes Umdenken im Verständnis der Strominfrastruktur notwendig. Konkret: Um das rapide Datenwachstum in Einklang mit der Energiewende zu bringen, bedarf es eines zukunftsfähigen Netzes, das erneuerbare Energien für eine bessere Effizienz möglichst optimal integriert. Andreas Rockenbauch, Data Center Sales Leader Germany bei Eaton (1) kommentiert für uns in diesem Zusammenhang nachfolgend, welche modernen Technologien dies aus Sicht seines Unternehmens bereits ermöglichen könnten:
„Der Strombedarf von Rechenzentren steht immer wieder in der Kritik – oft im Kontext künstlicher Intelligenz. Jüngst war dies etwa bei dem Social-Media-Phänomen KI-generierter Action-Figuren der Fall. Viele Kommentatoren wiesen auf den immensen Energiebedarf solcher Trends hin und OpenAI war sogar gezwungen, die Kapazitäten zur Bildgenerierung einzuschränken. Solche Hypes ebben zwar schnell ab, doch mit einer zurückgehenden Nachfrage für Rechenleistung ist zukünftig nicht zu rechen – ganz im Gegenteil wird sie weiter steigen.
Damit wächst auch der Bedarf nach neuen Rechenzentren als Rückgrat der digitalen Wirtschaft. Dies erkennen auch CDU und SPD im neuen Koalitionsvertrag an, was prinzipiell eine gute Nachricht ist. Allerdings kommt es darauf an, den Ausbau der Rechenzentrumsinfrastruktur energieeffizient und netzverträglich zu gestalten. Schließlich sehen einige Internet-Hubs ihre örtliche Stromversorgung durch zu viele neue Rechenzentren gefährdet.
Städte wie Amsterdam haben in der Vergangenheit daher bereits Moratorien für die Ansiedlung neuer Standorte erlassen. Um die Herausforderungen Energiewende und Datenwachstum in Einklang zu bringen ist ein Paradigmenwechsel notwendig, der Rechenzentren nicht mehr nur als Verbraucher betrachtet.
Digitalwirtschaft und zuverlässige Energieversorgung in Einklang bringen
Um das Dilemma von steigenden Anforderungen an die digitale Infrastruktur einerseits und zunehmendem Stromverbrauch andererseits aufzulösen, bedarf es effizienterer Hardware, neuen Kühlkonzepten und ganzheitlicher Energie-Systemdesigns. Dies allein ist jedoch noch nicht ausreichend. Rechenzentren sollten künftig nicht mehr nur als passive Energieverbraucher betrachtet werden, sondern als aktive Komponenten eines flexiblen Stromnetzes.
Dafür ist ein grundlegendes Umdenken im Verständnis unserer Strominfrastruktur notwendig: Das traditionelle Netzmodell – eine starre Baumstruktur, in der Energie ausschließlich vom zentralen Erzeuger zum Verbraucher fließt – entspricht nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit. Ein zukunftsfähiges Netz, das erneuerbare Energien optimal integriert, muss zellular aufgebaut und bidirektional sein. In einem solchen System können auch Rechenzentren eine gestaltende Rolle übernehmen. Dafür ist es jedoch notwendig, dass Betreiber über die reine Verbrauchsoptimierung hinausdenken und sich für die aktive Zusammenarbeit mit dem Netz öffnen.
Moderne Technologien bieten hier bereits konkrete Möglichkeiten: zum Beispiel indem Teile der Batteriespeicher einer USV-Anlage im Rechenzentrum als Flexibilitätsreserve für Netzbetreiber bereitgestellt werden. Die Batterien moderner Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung sind schließlich im Regelbetrieb stets auf Standby. Da die Flexibilitätsreserve sehr kurzen Lade-/ Entladezyklen zur Aufrechterhaltung der Netzfrequenz dient, werden die USV-Batterien nur so weit entladen, dass ihre Grundfunktion gewährleistet bleibt. In Kooperation mit Microsoft hat Eaton die Fähigkeit zur Bereitstellung kurzfristiger Regelenergie (Fast Frequency Response) durch USV-Batterien bereits praktisch getestet. (2)
Bildquelle: Aus Studie „Bitkom Rechenzentren in Deutschland, Aktuelle Marktentwicklungen, Stand 2024.“ Quelle / externer Link > https://www.bitkom.org/sites/main/files/2024-11/241121-studie-rechenzentrumsmarkt.pdf
Vom Rechen- zum Energiezentrum
Bei der Planung neuer Rechenzentren sollten energetische Aspekte und die Integration in ein (zellulares) Stromnetz bereits mitgedacht werden. Dafür sorgen allein schon neue Regularien: Das Energieeffizienzgesetz sieht vor, dass Rechenzentren, die ab Juli 2026 an den Start gehen, einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von maximal 1,2 und einen ERF-Wert (Energy Reuse Factor) von mindestens 10 Prozent erreichen müssen.
Während PUE lange Zeit die wichtigste Metrik für die Beurteilung von Rechenzentren war, werden heute noch andere Werte CUE (Carbon Usage Effectiveness) einbezogen. Betreiber müssen heute also ganzheitlich denken. Dazu gehört auch, Möglichkeiten eigener Energieerzeugung auf dem Gelände, beispielsweise durch Photovoltaik, zu prüfen und Konzepte für sinnvolle Abwärmenutzung zu erstellen."
Fazit
Ein Rechenzentrum der Zukunft sollte keine Belastung für lokale Energieinfrastrukturen, vor allem das Stromnetz darstellen, sondern diese aktiv unterstützen.
Im Bild: Andreas Rockenbauch, Data Center Sales Leader Germany bei Eaton (Bildquelle: Eaton).
Querverweis:
Unser Beitrag > Fragen und Antworten für Rechenzentrumsbetreiber zum neuen Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
Unser Beitrag > Energieverbrauch und Umwelt: Rechenzentren können mehr
Unser Beitrag > Wie KI- und HPC-Rechenzentren bei Energie- und innovativen Kühllösungen gefordert sind
Unser Beitrag > Vertiv und Compass Datacenters zum Einsatz von Flüssigkeits- und Luftkühlung für KI-Anwendungen