Am 16. Januar 2025 wurde offiziell bekanntgegeben, das das globale Technologieunternehmen Lenovo Group Limited mit seiner Tochtergesellschaft „Lenovo“ eine endgültige Vereinbarung zur Übernahme von Infinidat Ltd. („Infinidat“), einem globalen Anbieter von High-End Unternehmensspeicher-Lösungen, abgeschlossen hat.
Offiziell ist die Übernahme laut Meldung "Teil der Wachstumsstrategie von Lenovo, differenzierte Technologielösungen auf den Markt zu bringen und damit Lenovos Enterprise-Storage-Angebot weltweit stärken, um den sich wandelnden Anforderungen moderner Rechenzentren gerecht werden zu können." Mit den Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von Infinidat soll die Transaktion strategische Synergien mit dem Infrastrukturlösungsgeschäft und den Enterprise-Storage-Fähigkeiten der Gruppe schaffen. Im einzelnen umfasst das laut Anbieter folgende Aspekte:
- "Zugang zu Enterprise-Storage-Produkten und Innovationen
- Infinidat bietet hochleistungsfähige, unternehmenskritische Speicherlösungen für ein skalierbares, cyber-resistentes Datenmanagement.
- Erweiterung des Lenovo-Speicherlösungsportfolios auf High-End-Unternehmensspeicher
- Die Transaktion baut auf der bestehenden Position von Lenovo im Markt für Entry- und Midrange-Unternehmensspeicher auf, inklusive eines Portfolios von Flash- und Hybrid-Arrays, hyperkonvergenter Infrastruktur (HCI), Software-definiertem Speicher (SDS) und Lenovo TruScale-Datenmanagementlösungen.
- Chance für nachhaltiges profitables Wachstum des Speichergeschäfts der Gruppe
- Infinidat soll in Verbindung mit dem bestehenden globalen Infrastrukturgeschäft von Lenovo, dem Zugang zu und den Beziehungen zu Kunden sowie der Größe und den Fähigkeiten der globalen Lieferkette neue Möglichkeiten für High-End-Unternehmensspeicherprodukte schaffen und neue Umsatzchancen für das Speichergeschäft der Gruppe erschließen".
Abb.: InfiniBox Screeshot (Bildquelle: Infinidat).
Kommentarauszug Greg Huff, Chief Technology Officer, Lenovo* Infrastructure Solutions Group: „Die Expertise von Infinidat im Bereich hochleistungsfähiger High-End-Datenspeicherlösungen erweitert die Bandbreite unserer Produkte, und gemeinsam werden wir neue Wachstumsmöglichkeiten erschließen.“ Phil Bullinger, Chief Executive Officer von Infinidat ergänzt: „Wir freuen uns darauf, mit den umfangreichen globalen Fähigkeiten von Lenovo den umfassenden Wert zu erweitern, den wir unseren Unternehmens- und Service-Provider-Kunden in On-Premises- und hybriden Multi-Cloud-Umgebungen bieten.“
*Lenovo ist ein globales Technologieunternehmen mit einem Umsatz von 57 Milliarden US-Dollar, das auf Platz 248 der Fortune Global 500 gelistet ist und Kunden in 180 Märkten bedient. Lenovo ist an der Börse in Hongkong unter Lenovo Group Limited notiert. Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der üblichen behördlichen Genehmigungen und anderer Abschlussbedingungen. Bedingungen der Transaktion wurden nach vorliegenden Angaben nicht bekannt gegeben.
(Mein) Kommentar zur geplanten Aquisition:
Lenovo ist als weltweit größter PC-Hersteller mit einem umfassenden Portfolio an KI-fähigen, KI-bereiten und KI-optimierten Geräten (PCs, Workstations, Smartphones, Tablets), Infrastruktur (Server, Storage, Edge, High Performance Computing und Software Defined Infrastructure), Software, Lösungen und Services am Markt vertreten. Allerdings gilt er bisher nicht als relevanter Lieferant von unternehmenskritischen Block-(File) Speichersystemen und hybride Cloud Storage Plattform. Querverweis zu unserem Beitrag > https://storageconsortium.de/infinidat-geht-in-die-cloud-infuzeos-cloud-edition-und-infinisafe-cyber-detection-vorgestellt
Infinidat wurde 2011 gegründet und begann im Jahr 2014 mit dem Verkauf seiner InfiniBox in USA. Zu den ersten Anwendern zählten einige der weltweit größten Telekommunikationsanbieter, Banken sowie Cloud Service Provider, die das System einsetzen um eine große Anzahl von Legacy-Systemen auf einer Speicherplattform zu konsolidieren. Grundsätzlich war man bei Infinidat der Meinung, dass die gestiegenen Anforderungen an die Unternehmens-IT eine neue Storage-Architektur notwendig macht, die sich grundlegend von den verbraucher-zentrierten Cloud-Storage-Plattformen des letzten Jahrzehnts sowie allen bisherigen Enterprise-Storage-Systemen unterscheiden sollte…
Auf persönliche Einladung durch Moshe Yanai, damals CEO (und der Gründer von Infinidat), war ich bereits Ende 2017 zu Besuch in Herzlia bei Tel Aviv und konnte dadurch (und seitdem) die Architektur der Infinibox und weitere Entwicklung genauer verfolgen. Moshe Yanai selbst gilt u.a. als Vater der EMC Symmetrix und gründete danach die Firma XIV (Storage Array), die neben Diligent dann an IBM verkauft wurde. Mehr dazu auch hier > https://storageconsortium.de/infinidat-hyper-storage-entkopplung-von-speicherhardware-und-software
Im dritten Jahr in Folge haben übrigens die Analysten von GigaOm Infinidat als führenden Anbieter von Primärspeicherlösungen gelistet und als „Leader“ in Ihren GigaOm Radar Report for Primary Storage 2024 aufgenommen. Sie begründeten dies mit den Innovationen wie die nextgen. Enterprise-Storage-Funktionen in InfiniBox G4-Lösungen, SSA Express, InfiniVerse-Erweiterungen oder InfiniSafe Automated Cyber Protection.
Lenovo füllt durch die geplante Übernahme faktisch die High-End-Lücke in seinem Portfolio und positioniert sich damit u.a. auch gegen Huawei (beides chinesische Unternehmen). Im Gegensatz zu Huawei ist Lenovo nicht mit einem eigenen Enterprise Storage Angebot präsent. Bislang wird deshalb der File Storage Software-relevante Teil über Kooperationen mit Herstellern wie WEKA, NetApp oder auch IBM abgedeckt. Im primären Blockstorage-Umfeld soll künftig nun Infinidat mit Infinibox zum Einsatz kommen.
Die Infinibox-Speichersystem-Plattform wurde zur Konsolidierung von Daten unternehmensrelevanter primärer Workloads mit dem Fokus auf Blockstorage entwickelt (können zwar auch File, aber das ist bislang nicht der Anwenderschwerpunkt) und zeichnen sich zudem als Sekundärspeicher mit hoher Cyber-Resilienz aus. Daneben hat Infinidat erst vor Kurzem seine neue Architektur für Retrieval-Augmented-Generation (RAG) Workflow-Deployments vorgestellt, die natürlich ebenfalls zu Lenovo’s KI-Strategie zu passen scheint.
Fazit: Entscheidend für den weiteren Erfolg der Infinidat-Produktreihe wird sein, wie effektiv die Integration in das Lenovo-Ökosystem gelingt und wie vertrauensvoll bzw. erfolgreich die Interaktion mit Kunden und Vertriebspartnern sein wird (siehe auch externe politische Faktoren wie USA-China-Spannungen oder die politische Thematik im Zusammenhang mit Cybersecurity und möglicher Industriespionage etc.). Unabhänging davon haben ja andere Übernahmen in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass die versprochenen Synergien nicht immer 100% eingetreten und erfolgreich verlaufen sind. Es bleibt somit aus Sicht der Infinidat-Kunden nur zu hoffen, dass Ihnen dieses Schicksal durch die aktuelle Aquise erspart bleiben wird.
Querverweis:
Unser Beitrag > NetApp aktualisiert Unified-All-Flash- und Object StorageGRID Enterprise-Storage-Portfolio
Unser Beitrag > Untersuchung zu den Auswirkungen von KI auf Dateninfrastrukturen
Unser Beitrag > KI-optimierte IT-Infrastruktur von Dell Technologies: Dell AI Factory wird weiter ausgebaut